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EM-ReisefuehrerFrankreich

Wernunglaubt,dieFranzosenwürdenausihrenNiederungenandäch- tigzumstrahlendenFirmamentderBundesligaemporschauen,dertäuscht sich gewaltig. Im Gegenteil: sie zahlen die deutsche Gleichgültigkeit mit gleicher Münze heim. Es war fast schon rührend, zu beobachten, wie sich Bixente Lizarazu während seiner Jahre in München abstrampelte, den FranzosendendeutschenFußballnäherzubringen,undnichtmüdewurde, zubetonen,dassdieBundesligadasselbeInteresseverdientwiedieLigen in England, Spanien oder Italien. Zum Schluss gab er’s auf: „Ich bin’s einfachleid.Dasändertsichsowiesonie.Dasistwohlinderfranzösischen Mentalität verankert.“ (Interview mit France Football, 2002.) Ähnlich frus- trierte Töne gab’s auch von Willy Sagnol, Johan Micoud oder Valérien Ismaël. Im November 2003, anlässlich des Freundschaftsspiels in Gelsenkir- chen, bei dem sich die deutsche Abwehr die Rückennummer von Thierry Henry beim Hinterherlaufen konzentriert einprägte, führte der damalige Chefredakteur von L‘Equipe, Fabrice Jouhaud, ein kleines Quiz zum deut- schen Fußball im französischen Mannschaftslager durch. Auf die Frage „Wie oft war Deutschland Weltmeister?“ gab gerade mal die Hälfte der befragten Fußball-Profis (Profis!) die richtige Antwort. Wo das Endspiel der nächsten WM stattfinden würde, wussten genau drei Spieler (laut Robert Pires war Bonn geplant). Ein ganz schwaches Bild. Die gleiche gegenseitige Ignoranz gilt für die großen Momente der Vergangenheit,dieimkollektivenFußball-Gedächtnisabgespeichertsind. Kommt man mit seinem Anekdoten-Schatz aus der deutschen WM-Ge- schichte nach Frankreich, hat man schnell den Eindruck, die Franzosen hättenimmerganzandereTurniereangeschaut.DerBegriff„Wembley-Tor“ sagt niemand etwas. Das Herzschlag-Halbfinale gegen Italien in Mexiko 1970, das vielen als „bestes Spiel aller Zeiten“ gilt? Laut Michel Hidalgo, Trainer des Europameisters 1984, lediglich „zwei langweilige, belanglose Halbzeiten“, bevor es in die Verlängerung ging. Das „Wunder von Bern“? Genau8%derFranzosenkönnenmitdemAusdruck„lemiracledeBerne“ überhaupt etwas anfangen. Und für die, denen man auf die Sprünge hilft, handelt es sich dabei um eine schreiende Ungerechtigkeit der Fußballge- schichte, in der gedopte Kraftmeier die ungarischen Virtuosen um ihren verdientenTitelbrachten,nachdemsiePuskásinderVorrundemitAbsicht verletzt hatten. Beckenbauers WM-Triumph 1990? Die schlechteste WM der Geschichte, die durch einen geschenkten Elfer entschieden wurde. UmgekehrtistmanbeidenFranzosenentsetzt,wennmaninDeutsch- landgelangweiltüberEreignissehinweggeht,dieinFrankreichKultstatus haben. Laut einer Umfrage des FREE-Projekts erinnern sich drei Viertel 12 FRANKREICH | EURO 2016

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