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DFB Journal 03-2015 - Heimspiel bei Briegel

NACHSPIELZEIT

03 | 2015 DFB JOURNAL 97 ›› HEIMSPIEL Ribbeck bald attestierte: „Er fing mit 18 als Fußballer bei null an. Selten habe ich einen Spieler gesehen, der wie er in kurzer Zeit so viel am Ball gelernt hat.“ In jenen Jahren entstanden die Klischees, die ihn seitdembegleiten. „BärvomBetzenberg“.„Felsausdem Pfälzer Wald“. „Kraftwerk aus Kaiserslautern“. Und, ja, „Die Walz´ aus der Pfalz“. „Man gewöhnt sich daran, auch wenn mir der Vergleich mit der Walz´ nicht gefällt, weil sie sich doch recht langsam und behäbig bewegt.“ Briegel hat als Fußballspieler weit mehr erreicht, als alle ihm zunächst zugetraut hatten. 1980 wurde er mit der Nationalmannschaft Europameister, dazu kamen die beiden WM-Endspielteilnahmen 1982 und 1986. 72-mal lief der Pfälzer für Deutschland auf. In Italien, bei Hellas Verona, ist er noch heute eine Legende. Gleich in seinem ersten Jahr lief er in der damals tatsächlich weltbesten Liga den Superstars des „Calcio“ als Macher im Mittelfeld denRangab:PlatiniundBoniek,Falcão,Rummeniggeund Sócrates zum Beispiel oder Zico und Maradona, mit dem er seitdem freundschaftlichen Kontakt hat. Hellas, in der Vorsaison gerade aufgestiegen, schaffte mit Briegel auf Anhieb das Wunder des Titelgewinns. „Una favola“, ein Märchen, das er zwei Jahre später als Pokalsieger mit Sampdoria Genua, wo er 1988 seine Profikarriere been- dete, in ähnlicher Form wiederholte. NachdiversenTrainerstationen,darunteralserfolg- reicher Coach bei Be¸sikta¸s Istanbul und als National- trainer in Albanien, ist es seit 2008 um den Fußballer Briegel ruhiger geworden. „Drei Fehler habe ich in mei- ner Karriere gemacht“ gesteht er. „1982 wollte Real Madrid mich unbedingt haben. Doch damals fühlte ich mich noch zu sehr verwurzelt mit Kaiserslautern. Und eigentlich war dies nur ein halber Fehler, denn sonst hätte sich ja Verona nicht als der große Glücksfall für mein Leben ergeben können.“ Und weiter: „Der zweite Fehler war, dass ich die angebotene zweijährige Vertragsverlängerung bei Be¸sikta¸s ausgeschlagen hatte. Von 51 möglichen Punk- ten hatte ich mit der Mannschaft 1999/2000 in der Rückrunde 46 geholt. Doch der Vorstand wollte mir einen neuen Co-Trainer aufs Auge drücken, worauf ich mich nicht eingelassen habe.“ Die dritte Fehlentscheidung sei schließlich sein frei- williger Weggang aus Albanien gewesen, obwohl ihn der Verband für weitere zwei Jahre behalten wollte. Nach Siegen in der EM- und WM-Qualifikation gegen Griechenland und Russland war er dort zwischen 2002 und 2006 zum Volkshelden geworden. Mütter ließen ihre neugeborenen Kinder sogar auf seinen Nachna- men taufen. Als er vor einigen Jahren nach Albanien kam, saß dort in Tirana ein fünfjähriger Junge im Hotel und spielte Klavier. „Briegel“ rief sein Vater dem Knirps zu und forderte ihn auf, „mich zu begrüßen. Das war schon ein besonderer Moment.“ Heute führt Briegel, den zwei Abrisse der Achilles- sehne zum Abschied vom aktiven Fußball zwangen, ein zurückgezogenes Leben. Er verwaltet seine Mehrfamili- enhäuser in Kaiserslautern, in die er einen Teil seiner Ein- künfte aus dem Fußball angelegt hat. Als Repräsentant für Lotto Rheinland-Pfalz betreut er die dortige Promi- nentenmannschaft und schreibt wöchentlich Kolumnen für die Lotto-Zeitung. Und: Zusammen mit seiner Frau PetraunterstützterdieMexico-Hilfeundsammelt,erschüt- tertüberdasvorOrterlebteElendderMüllkinderinMexico City, in diesem Zusammenhang erfolgreich Spenden für diekaritativenProjektederEgidius-Braun-StiftungimDFB. Aus seiner Herkunft hat Briegel, der so gerne und herzhaft lacht, nie einen Hehl gemacht. „Ich stamme von einem Bauernhof. In Kaiserslautern spielte ich in der Provinz und in Verona im Vergleich mit den Super- teams aus den eleganten Metropolen Mailand, Rom oder Turin ebenfalls. Doch Provinz ist für mich etwas sehrPositives.DamitverbindeichEchtheit,Wirklichkeit und Menschlichkeit.“ Und ein ausgeprägtes Heimatge- fühl, das für ihn noch immer unverzichtbar ist. 1980 gewann der Pfälzer mit der DFB-Auswahl den EM-Titel. Historischer Sieg: Mit Albanien bezwang Briegel 2004 die griechi- schen Europa- meister um Trai- ner Otto Rehhagel.

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