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DFB Journal 03-2015 - Dauerbrenner Hector

DIE MANNSCHAFT

03 | 2015 DFB JOURNAL 2303 | 2015 DFB JOURNAL 23 ›› DIE MANNSCHAFT An der Grenze zu Frankreich Jonas Hector ist die Antithese. In der Liste seiner Einsätze für die U 15-Nationalmannschaft steht eine Null. In der Liste seiner Einsätze für die U 16-National- mannschaft steht – eine Null. In der Liste seiner Ein- sätze für die U… genau! Für den Kölner ist nicht ein einzigerEinsatzfüreineU-Nationalmannschaftnotiert. Undsehrlangesprachsehrwenigdafür,dasssichdaran ausgerechnet etwas ändern würde, wenn das U durch ein A ersetzt wird. Hector selber sagt zur Kurve seiner Laufbahn: „Je älter ich wurde, desto weniger sah es danach aus, dass ich Profi werden würde.“ AlsKindliefHectorimDeutschland-TrikotvonLothar MatthäusdurchdieStraßenAuersmachers,einemOrts- teil von Kleinblittersdorf direkt an der Saar. Auf der anderen Seite liegt Frankreich. Die Titel seiner Jugend lesensichvergleichsweiseprovinziell,alsgrößterErfolg mit dem SV Auersmacher ist für ihn der Gewinn der Hallen-Saarlandmeisterschaft festgehalten. Im Jahr 2009 hatte Hector erstmals Berührung mit der Natio- nalmannschaft, mit Freunden gewann er als SV Grün- Weiß Aurica den vom Fan Club Nationalmannschaft veranstalteten „Cup der Fans“. Das war die Zeit, in der Hector erstmals und noch zögerlich eine Zehenspitze in den Bereich des professio- nellen Fußballs setzte und in der zweiten Mannschaft des FC Bayern ein Probetraining absolvierte. An der Säbener StraßewurdeergewogenundvonMehmetScholl,damals Trainer der Reserve der Bayern, für zu leicht befunden. Hector erzählt: „Scholl hat mir geraten, es erst einmal in der Regionalliga zu versuchen, da der Schritt vom Ober- ligisten SV Auersmacher in die 3. Liga zu groß sei.“ Den Rat hat er befolgt – und nicht bereut. Seine Laufbahn im Zeitraffer: SV Auersmacher, 1. FC Köln, zweite Mannschaft, erste Mannschaft, 2. Bundesliga, Bundesliga. Der Aufstieg war steil und ist gleichwohl stetig. Nach elf Bundesligaspielen wurde Hector zum ersten Mal für die deutsche Auswahl nominiert, seine Premiere für die Mannschaft feierte er am 14. Novem- ber 2014 gegen Gibraltar, als er in der 72. Minute für Erik Durm als linker Verteidiger eingewechselt wurde. Seither ist der 25-Jährige aus dem Team kaum noch wegzudenken. Seine Bilanz ist so beeindruckend wie die weniger anderer Spieler: Im Jahr 2015 hat kein Län- derspiel stattgefunden, in dem Hector nicht von der ersten bis zur letzten Minute auf dem Rasen gestanden hat. Acht Spiele, 720 Minuten Hector. ImdeutschenSpielhatHectoreineBaustellegeschlos- sen, die seit Jahren latent bestand. Den linken Verteidi- ger gibt er auf eine Art, die seinen Namen wie ein pho- netisches Täuschungsmanöver erscheinen lässt. Wenn in seinen Aktionen ein Merkmal komplett fehlt, dann ist dies: Hektik. Andere spielen eleganter und geschmeidi- geralser,anderesindtechnischnochmehrversiert.Und doch zeichnet Hector eine bemerkenswerte Ruhe aus. Er trifft fast immer die richtigen Entscheidungen, sein Spiel ist durchdacht, er wägt Risiken ab und ist gleich- wohl nicht lediglich auf Sicherheit bedacht. Nach seinen ersten Einsätzen für den Weltmeister hagelte es Hymnen. Etwa nach seinem Startelfdebüt im MärzinKaiserslauternimSpielgegenAustralien.Damals sagte der Bundestrainer über Hector: „Er ist im takti- schen Bereich gut geschult. Seine Möglichkeit, die Situ- ation zu erkennen und den Raum zu nutzen mit seinem linken Fuß, das macht er gut. Er entwickelt sich noch. Für uns kann er eine Bereicherung sein.“ Und er wurde eine Bereicherung. Besonders gut war Hector, wenn es besonders wichtig war. Nach dem 3:1-Erfolg im Septem- ber in Frankfurt gegen Polen wurde der Kölner von den Fans zum „Spieler des Spiels“ gewählt. Es war ein wich- tiger Schritt auf dem Weg zur EM nach Frankreich, dem Ziel des Teams, dem Traum Hectors. Nur zuletzt gab es sanften Gegenwind. „Ein biss- cheneinProblemistes,dasswirimMomentstarkdurch die Mitte spielen. Wir haben Außenverteidiger, die hoch stehen, in ihren Vereinen aber defensiv geschult sind“, sagteBundestrainerJoachimLöwnachdemSpielgegen Georgien. „Jonas Hector macht das gut, spielt in Köln aber eher in einer defensiven Grundordnung und ist so ein bisschen auf Konter ausgerichtet.“ Zu wenig Akti- onen im letzten Drittel also, zu wenig Aktionen zum Tor. Kritik, die Hector gehört hat, Kritik, die er annehmen wird. Und Kritik, die aus seiner Sicht auch positiv ver- standenwerdenkann.ImKreisderNationalmannschaft ist er inzwischen so sehr etabliert, dass für ihn der Wel- penschutz nicht mehr greift. Hector ist angekommen im Team des Weltmeisters – in jeder Hinsicht.

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