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DFB Journal 03-2015 - Der Profi und seine Heimat

AMATEURFUSSBALL

03 | 2015 DFB JOURNAL 85 ›› AMATEURFUSSBALL R aus aus dem Training, rein in den Stau. Stefan Bell kennt das, mehr- mals im Monat macht er sich wie auch an diesem Abend auf den Weg, von Mainz ins kleine Eifeldorf Wehr. 122 Kilometer, eine Per- lenketteausBaustellen.Weite,beschwerlicheWegesindihmvertraut.Schritt für Schritt hat sich der 24-jährige Innenverteidiger in der Bundesliga bei Mainz 05 etabliert, ist ein Leistungsträger. Trainer sagen heutzutage über einen wie ihn: Bell liefert konstant ab. Dabei macht er vieles lieber ungewöhnlich, jedenfalls für einen Bundesli- gaprofi. Erst mit 15 Jahren verließ er den Kreisligaklub, bei dem er mit fünf angefangen hatte, und kämpfte sich anschließend dennoch bis ganz nach oben, bis in die allerhöchste Leistungsklasse. Die meisten Profis wechseln viel früher zu einem großen Verein. „Ich sehe keinen Vorteil darin, schon mit zehn JahrenineinNachwuchs-Leistungszentrumzuwechseln“,sagterheutenoch. Wer früh ankommt, wird oft auch früh wieder aussortiert – so sieht er das. Weite Wege macht er auch bis heute bei seinem Heimatverein FV „Vilja“ Wehr – eine Fußballidylle in der Eifel, das Gelände an der Waldgrenze gele- gen, 230 Mitglieder und aktuell zu Hause in der Kreisliga A. Vor zwei Jahren kam ihm die Idee, den Weg zum Vereinsheim zu pflastern. „Erst müssen die finanziellen Mittel da sein, dann braucht man Leute, die helfen“, erzählt er. Beides war schnell organisiert, erzählt Wehrs Geschäftsführer Hardy Schar- renbach: „Wenn Stefan fragt, sagt keiner Nein.“ Und er packt selbst an: Am heißesten Tag des Sommers pflasterte und plättete er die 110 Quadratmeter bis zum Vereinsheim. Keine PR-Nummer und auch kein Sonder-, sondern der Regelfall. Bells Einsatz für seinen kleinen Heimatverein ist eine unge- wöhnlicheGeschichte.ErjätetUnkraut,verlegtPflastersteine,istVorstands- mitglied, und immer wieder quält er sich durch die Baustellen und Staus der A61. Mehrmals im Monat begibt er sich auf diese Fahrt – zurück in seine Ver- gangenheit. Vom Glamour und Glitter zurück auf die Asche. Er selbst sieht es nüchtern: „Wenn ich doch helfen kann.“ Von einem „Stück Normalität“ und auch von „Dankbarkeit für das, was ich vom Fußball injungenJahrenmitbekommenhabe“sprichterunderklärt,dassseinEnga- gement ihm schließlich auch selbst guttue. Er schätzt die Abwechslung, die sporadische Rückkehr in eine einfachere Welt. „Ich bin hier aufgewachsen und kenne hier alles. Bundesliga-Fußball ist doch eher ein Geschäft mit vie- len Randaspekten. Rund um den Platz passiert immer sehr viel. Die Wer- bung, die Medien. An den Leistungen unseres Bundesligateams hängen Arbeitsplätze,daranhängenMillionen.HierinWehrgehtesumFreundschaft, Kameradschaft, um ehrenamtliche Hilfe. Der Kontrast ist schon sehr groß.“ Der Kreisligaklub FV „Vilja“ Wehr, der 1925 gegründet wurde und dessen Name der Legende nach an eine schöne Frau erinnert, die den jungen Män- nern im Dorf damals den Kopf verdreht habe, ist heute und schon lange Stefan Bell ist 24, Abwehrspieler und Leistungsträger beim Bundesli- gisten 1. FSV Mainz 05. Einer, der ziemlich weit oben angekommen ist – zugleich aber auch nicht vergisst, wo er herkommt. In seinem Heimatver- ein FV „Vilja“ Wehr in der Eifel sitzt er im Vorstand, hilft, packt mit an, so macht das die ganze Familie. Ab sofort ist Stefan Bell eines der Gesichter der DFB-Amateurfußball-Kampagne und ein Botschafter des Ehrenamtes. Einen besseren hätte man vermutlich gar nicht finden können. Text Thomas Hackbarth ECHTE PROFIS.

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