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DFB Journal 03-2015 - Engagement in Egelsbach

AMATEURFUSSBALL

80 DFB JOURNAL 03 | 2015 ›› AMATEURFUSSBALL Das Engagement aus der Mitte des Fußballs entlas- tet Kommunen im ganzen Land. Die Flüchtlingsorgani- sationderVereintenNationenbetont,dassSportFlücht- lingen hilft, Verluste und Traumata zu überwinden. Der Fußball kann etwas Leichtigkeit zurückbringen. Auch die enge Verbindung von Bewegungs- und Sprachent- wicklung ist belegt. Gerade für Kinder geflüchteter Familien ist die Aufnahme im Fußballverein von lang- fristig nachwirkendem Vorteil. Thomas Geiß (48) zählt zu den Ehrenamtlern hier- zulande, die schon deshalb kein Geld bekommen, weil ihr Handeln sowieso unbezahlbar bleibt. Neun Jahre leitete er den Egelsbacher Jugendfußball. Anfangs waren es sieben, als er aufhörte 21 Nachwuchsteams. JetztalsoerklärtergemeinsammitdemHFV-Lehrwart jungen Flüchtlingen den Unterschied zwischen Hacke und Hecke. Freitagabend – da lassen viele die Arbeits- woche beim Joggen ausklingen, gießen Blumen oder stellen das Bier fürs abendliche Bundesligaspiel kalt. Aber um 21.30 Uhr, wenn der Sprachunterricht endet, gönnt sich Geiß immer noch keinen Feierabend. Dann organisiert er den Mitternachtsfußball für Flüchtlinge. Geiß hat mit dem Projekt „Sport und Flüchtlinge“ der Sportjugend Hessen die „Refugees United“ gegrün- det. Der Kreis Offenbach zeichnete ihn mit einem Inte- grationspreisaus.SeinAntriebsinddieMenschen.„,End- lichhabeicheinenTermin.Endlichkommeichaufandere Gedanken.EndlichdenkeichnichtmehrandenTod‘,das sagen mir viele“, erzählt Geiß. Der Fußball als Ausweg. Aus der Sprachfalle. Aus der Eintönigkeit und Isolation derUnterkunft.Geißweiter:„Anfangswolltenwireinfach nurBegegnungenschaffen.MittlerweilewollenwirFlücht- linge befähigen, sich selbst im Verein einzubringen.“ Ahmederinnertsich.ZehnTagewütetendieKämpfe um Mosul, dann hatten die IS-Truppen die nach Bagdad zweitgrößte Stadt des Irak besetzt. Seine Familie sei sehr wohlhabend gewesen, erzählt Ahmed, als kleiner Junge habe er immer die neuen Trikots für seine Fuß- ballmannschaft gekauft. Er wurde Polizist. „Als der IS einmarschierte, wollten die mich töten. Nur wegen mei- nes Berufs.“ Ein paar Tage später habe er seine Eltern von unterwegs angerufen, sie sagten nur „Komm‘ nicht mehr nach Hause, es ist zu gefährlich“. Am 10. Juni 2014 begann seine Flucht. Noch zweimal sollte er gerade so mit dem Leben davonkommen. Er flüchtete nach Tal Kaif, in eine kleine Ortschaft nördlich von Mosul, Steinhügel heißt das übersetzt. Ein Anruf warnte ihn vor anrückenden IS-Kämpfern. Dann saß er mit 20 anderen Irakern in der Türkei. Einer bezahlte ihm das Honorar für den Schlepper. „12.000 Euro“, erzählt Ahmed. Griechen- land war eine Zwischenstation. „Abends schauten wir im Fernsehen die WM-Spiele.“ Am 6. August 2014 schließlich kam er im Land des Weltmeisters an, in Braunschweig. Die ersten drei Tage und Nächte ver- brachte er in einer Halle mit 70 anderen Flüchtlingen. Dann die nächste überfüllte Unterkunft, immer nur Notbehelfe. Ahmed stammt aus einer großen Familie: sieben Brüder und drei Schwestern. Einen Bruder hatte Al- Qaida Jahre zuvor umgebracht. Nun erhielt er die schlimme Nachricht: Der IS hatte einen weiteren seiner Brüder getötet. Der Tod des Bruders, die gefühlte Per- spektivlosigkeit. Ahmed wollte nicht mehr, konnte nicht mehr. Er wurde schließlich in eine Unterkunft in Main- tal-Bischofsheim verlegt. Dann kam die Einladung zum Fußball. „Sie sind auf mich zugekommen. Ich wäre nie dorthin gegangen“, sagt Ahmed. Die Sprache sei der Schlüssel zu allem gewesen, heute hat er ein eigenes Zimmer und ein eigenes Einkommen. Am Anfang sei- ner Rückkehr ins Leben aber stand der Fußball. BeiderIndustrie-undHandelskammerhatergerade eineAusbildungzumKaufmannmitSchwerpunktBüro- management begonnen. Schiedsrichter will er auch werden. Doch zuerst müssen die Fußballvokabeln sit- zen. Das nächste Fallbeispiel zeigt drei Bälle beim Geg- ner, nur einen bei uns. „Jetzt machen wir ein Tor. Wie nennt man das?“, fragt der HFV-Lehrwart. Ahmed mel- det sich. Mit einem breiten Lachen antwortet er: „Das nennt man Anschlusstreffer.“ WILLKOMMEN IM VEREIN Bestellungen der Broschüre bitte an: Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 11012 Berlin Mail: integrationsbeauftragte@bk-bund.de Fax: 030/18400-1606 Darüber hinaus gibt es die Broschüre auch zum Download auf www.dfb.de (Bereich Programme + Projekte und dann unter Vielfalt/Anti-Diskriminierung) FUSSBALL MIT FLÜCHTLINGEN DFB_Flüchtlingsfussball.indd 1 10.03.15 16:15 Wolfgang Niersbach, Horst Hrubesch und Charly Körbel zu Besuch bei der Christlichen Flüchtlingshilfe Egelsbach/Erzhausen. DFB_Flüchtlingsfussball.indd 110.03.1516:15

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