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DFB Journal 03-2015 - Der "Bomber" wird 70

GEBURTSTAG

›› GEBURTSTAG ter, er in diesen Jahren stets Torschützenkönig mit Fabelwerten (40-36-30), es folgte der Hattrick im Lan- desmeister-Europapokal (1974 bis 1976). 1972 wurde Deutschland Europameister, Müller schoss vier der fünf Endrunden-Tore. Und am 7. Juli 1974 vollendete er in seinemWohnzimmerOlympiastadionseinWerkimDFB- Dress. Im WM-Finale gegen die Niederländer traf er rechts, aus der Drehung, flach. Kein schönes Tor, aber einesjener„Tore,dieMüllermacht.DienurMüllermacht, weil er die kürzesten Reflexe hat“, huldigte ihm ARD- Kommentator Rudi Michel. Dass er nach 62 Länderspielen mit erst 28 Jahren in der Finalnacht zurücktrat, nahm niemand ernst. Es sei aus der Emotion heraus geschehen, aus Verärge- rung darüber, dass die Spielerfrauen nicht aufs Bankett durften und werde sich schon wieder legen – so der Tenor. Helmut Schön kündigte an, „mal mit der Uschi zureden“.Dabeiwussteeresbesser.Müllerhatteschon am Donnerstag vor dem Finale, gemeinsam mit Wolf- gangOverath,SchönvonseinenPlänenerzählt.Erwolle sich mehr der Familie widmen, um seine Frau und die 1971 geborene Tochter Nicole kümmern, und nicht mehr so oft um die Welt reisen. Denn der Mann, den alle fürchteten, hatte selbst große Angst – vor dem Fliegen. Nach einer geglückten Landung pflegte er der Kirche 100 Mark zu stiften. Müller also trat als Weltmeister ab. Auch die ande- ren sechs Weltmeister im Bayern-Team schienen genug erreicht zu haben, sechs Jahre kam die Meisterschale PERSÖNLICHE TITEL 1 x WM-Torschützenkönig 1 x EM-Torschützenkönig 1 x Europas Fußballer des Jahres 2 x Deutschlands Fußballer des Jahres 7 x Bundesliga-Torschützenkönig nicht mehr nach München. Und als sie wieder kam, da war die berühmte Achse Maier-Beckenbauer-Müller schon Vereinsgeschichte. Müller folgte dem „Kaiser“ 1979 in die USA, erbost über die erste Auswechslung seiner Karriere aus sportlichen Gründen – durch Trai- ner Pál Csernai. Mit 32 war Müller noch ein siebtes und letztes Mal Torschützenkönig geworden, mit 33 war er plötzlich nicht mehr gut genug. Es war kein schönes Ende in München, wo er vier Jahre später immerhin noch ein Abschieds- spiel erhielt. Da war seine aktive Karriere schon beendet, in Florida bei den Fort Lauderdale Strikers hatte er seine letzten Tore geschos- sen. Nun begann sein schwierigster Kampf – das Leben nach der Spieler-Karriere. In jenen Jahren begannen Müllers gesundheitliche Probleme. Als er Uli Hoeneß 1991 um Hilfe bat, bekam sein Leben einen neuen Sinn. Die Freunde von einst, „der Kalle“, „der Franz“ und „der Uli“, wie er sie immer nur nannte, verschafften ihm einen Job nach dem anderen. Und alle konnte er im Trainingsanzug ausüben, beim FC Bayern, an der Säbener Straße. An der es ohne ihn, auch da hat der Kaiser recht, nie so aussehen würde wie heute. „Gerd Müller war nicht nur ein absoluter Ausnahme- Stürmer, sondern ist auch ein wunderbarer, immer bescheiden gebliebener Mensch“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Und wünschte dem Weltmeister und seiner Familie Kraft im Umgang mit der Krankheit. Den Kampf gegen das Vergessen führt Müller nicht alleine. Die Freunde von einst besuchen ihn so oft sie können, seine Frau sowieso. Und was auch wird: Einen wie ihn wird man nie vergessen. 78TORE IM DFB-POKAL 03 | 2015 DFB JOURNAL 29 GERADE ERSCHIENEN Udo Muras/Patrick Strasser: Gerd Müller. Der Bomber der Nation. Riva-Verlag, München 2015.

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