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SHS Jahresbericht 2012

Sozialwerk

Sie ist allgegenwärtig, die Frage nach dem „Warum“. Was hat er sich bloß dabei gedacht? Wollte er in den Augen der Kum- pels ein harter Kerl sein, mit einem Wurf einanderer,einGrößererwerden?Vielleicht hatte er den Böller ganz gezielt auf einen Menschen geworfen. Wollte er verletzen? Oder hatte er einfach gar nichts gedacht? Der Fußball ist Oliver Streicher bis heute eineAntwortschuldiggeblieben.Am5.April 2008 musste Schiedsrichter Peter Gagel- mann die Bundesliga-Begegnung Eintracht Frankfurt gegen den 1. FC Nürnberg unter- brechen,nachdemLeuchtraketenundBöller aus dem Nürnberger Block geflogen waren. 21 Minuten ruhte der Ball. Der Täter, der einen Böller auf Oliver Streicher geworfen und damit dessen Leben schlagartig aus denFugengerissenhatte,wurdeniegefasst. „AnfangsverspürteicheineriesigeWut,das ist besser geworden. Dennoch, das direkte Gespräch mit dem Täter wäre eine Erleich- terung, auch heute noch. Die Nürnberger hatten bereits den Ausgleich erzielt, die machtendamalseingutesSpiel.Esgabdoch rationalbetrachtetüberhauptkeinenGrund, etwassoeskalierenzulassen.Ichmussjetzt damit leben“, sagt Streicher heute. DieBildervondamalssindwiederda.Wegen einer Fortbildung hatte er seit einer Woche seine Familie nicht gesehen. Jetzt noch der EinsatzbeimSpiel,dannschnellnachHause, endlich wieder bei seiner Frau Yvonne und den beiden Kindern Tom und Jessica sein. Darauf freute er sich, an diesem ersten Samstag im April 2008. Die Stadionuhr zeigte 16 Uhr, da wusste er noch nicht, dass er die nächsten Tage in der Uniklinik Frank- furt verbringen würde. Oliver Streicher – heute 34 Jahre alt, ein wacherBlickundeinansteckendesLächeln– erinnert sich: „Das Stadion war richtig voll, dieStimmungprächtig.Nürnbergwarüber- legen. Ich stand im Tor 3, direkt neben dem Block der Club-Fans. Ich weiß noch, dass ich Richtung Feld ging, einfach um ein paar Schritte zu laufen, als es neben mir einen riesigen Schlag tat, eine richtige Explosion. Ich spürte sofort ein massives Ziehen im Kopf und direkt danach ein schnell stärker werdendes Schmerzgefühl. Ich habe den Böller nicht fliegen sehen. Später habe ich erfahren, dass das Ding drei Meter neben mir explodiert sein muss. Ich meldete mich beimeinemVorgesetztenab,weilichspürte, wie auch der Kreislauf wegsackte. Dass das Spiel unterbrochen wurde, habe ich nicht mitbekommen.“ Ihm wurde schlecht, sein Kopf schmerzte und dröhnte, die Sanitäter brachten ihn ins Krankenhaus. Dort behielt man ihn gleich da. Besondere Vorkommnisse, unter dieser Rubrik wird eine durch Ausschreitungen erzwungene Unterbrechung auf dem Spiel- berichtsbogen geführt. Der „Kicker“ lobte PeterGagelmannfürsein„Augenmaß“und weil er „genau die richtige Linie“ gefunden 32 Sozialwerk Über kaum etwas ist 2012 im Fußball so viel gesprochen worden wie über das Thema Sicherheit. Es ging um Konzepte, Maßnahmen, Täter. Über die Opfer wurde selten geredet. Menschen wie Oliver Streicher. Ein Wurf, ein lauter Knall und von einer Sekunde auf die andere war im Leben des Greenkeepers nichts mehr so, wie es vorher war. Seither ist er gesundheitlich schwer beeinträchtigt, hat seinen Job verloren. Und noch immer treibt ihn eine Frage um: Warum musste das geschehen? Thomas Hackbarth über das Schicksal des Hessen, der in seiner Not Hilfe von der Sepp-Herberger-Stiftung bekommt. „Es gab doch keinen Grund“

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