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SHS_Jahresbericht_2013

Kuratoren im Portrait

36 KURATOREN IMPORTRÄT WolfgangDremmlersitztimGefängnisund ist zufrieden. Das alte Fußballfeld im hin- terenTeilderMünchnerJustizvollzugsan- stalt Stadelheim, dort, wo sich die Mauern treffen, hat sich zurechtgemacht für den großenTag.DremmlersitztaufeinerBank, neben ihm steht ein JVA-Beamter mit strengem Blick und verschränkten Armen und beide gucken einer Gruppe Jungs in ausgeleierten Trainingsanzügen dabei zu, wie sie über den Rasen wetzt. „Die reden seit Wochen von nichts anderem mehr“, sagt der Beamte mit Blick auf die Jugend- straftäter. Dremmler lächelt. Die 15 Jungs mit ihren Stations- und Zel- lennummern auf der Brust haben noch nie gegen den FC Bayern gespielt. Die fünf JugendspielerderMünchner,dieDremmler mitgebracht hat, waren noch nie im Knast. „Mir ist wichtig, dass wir die Jungs mitneh- men“, sagt er: „Sie müssen wissen, dass es noch eine andere Welt da draußen gibt.“ Wie dicht diese beiden Welten beieinander liegen, spürt Dremmler jeden Morgen. Seit 2012 steuert der 59-Jährige den Jugendfußball bei Rekordmeister Bayern München. Seit 2011 ist er Botschafter der DFB-StiftungSeppHerberger,diesichauch fürdieResozialisierungvonStrafgefange- nen engagiert. Die Besuche in Justizvollzugsanstalten gehen direkt auf den Weltmeistertrainer zurück, der in den 70er-Jahren begann, Inhaftierten neuen Mut zu schenken. Per- sönliche Gespräche und ein offenes Ohr für die missliche Situation der Straftäter zeichneten Herbergers Engagement aus. Auf Bitten des „Chefs“ setzte sich auch 54er-Kapitän Fritz Walter für die Insassen ein und transportierte Herbergers Erbe weiter. Heute nehmen neben Walters TeamkollegenHorstEckelauchOliverKahn und Wolfgang Dremmler den Ball auf. „Junge, du kannst das!“ Dremmlers Büro im Leistungszentrum an der Säbener Straße ist hell und geräumig mit freier Sicht auf den Trainingsplatz. Nebenan sitzt Breno und erledigt Papier- kram. „Den habe ich aus Brasilien geholt“, sagt Dremmler über den 24-Jährigen, der eine Haftstrafe wegen Brandstiftung ver- büßt:„DasistmeinJunge.“AlsFreigänger hilft Breno unter der Woche in Dremmlers Sekretariat aus. Er kopiert, faxt und tele- foniert und um 14.30 Uhr fährt er zurück in seine Acht-Quadratmeter-Zelle in Sta- delheim. Wenn er mal Rentner ist, werde er eine Hospitanz im Strafvollzug machen, sagt Dremmler: „Ich muss das mal erleben.“ Als 17-Jähriger Shootingstar bei Union Salzgit- terzeigtihmseindamaligerTrainerHannes Wittfoth die Justizvollzugsanstalt in Wol- fenbüttel,derenDirektorWittfothwar.Nach einerGesprächsrundemitGefangenensagt Wittfoth: „Junge, du kannst das. Das wird dir ein Leben lang guttun.“ Dremmler kommt am 12. Juli 1954, acht Tage nach dem „Wunder von Bern“, in Salzgitter zur Welt. Zwölf Jahre später verlieren er und seine sechs Geschwister den Vater bei einem Unfall. Dremmler macht seinen Hauptschulabschluss („Da warichalsNachkriegskindstolzdrauf,viele haben damals gar keinen Abschluss gemacht“) und widmet sich dem Sport. SchnellkristallisiertsichdasFußballtalent desjungenMittelfeldspielersheraus.Über Eintracht Braunschweig kommt er 1979 zum FC Bayern und wird Nationalspieler. Soziales Bewusstsein tief verankert Dremmler wird ein stiller Star, einer der Leistung sprechen lässt, anstatt das Ram- penlicht zu suchen. Vor einer Autogramm- stunde der Bayern-Spieler auf dem Okto- berfest1981erkennendieOrdnerDremmler nicht und fordern den Profi gar zum Wei- tergehenauf.1982nimmtihnBundestrainer D e r Wa n d l e r Wolfgang Dremmler Wolfgang Dremmler wandelt zwischen den Welten: Als Leiter der Nachwuchsabtei- lung bei Bayern München bildet er hoffnungsvolle Talente aus, als Botschafter der DFB-Stiftung Sepp Herberger spendet er jungen Straftätern neue Hoffnung und pflegtdamitdasErbedesWeltmeistertrainers.JörnSchweichlerhatihninMünchen in die JVA Stadelheim begleitet.

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