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SHS Jahresbericht 2014 - Hannes kann es! Mit Beinprothese im Tor der C-Jugend

SOZIALWERK

Hannessagt:„SpäterwillichKochwerden.“ Zum Geburtstag seiner Mutter hat er gekocht.HackfleischmitPilzenundNudeln und zum Nachtisch servierte er Pudding. Hannes sagt auch: „Durch die Sportpro- thesehabeichdeutlichmehrSprungkraft.“ Die Krankenkasse hätte nur eine Bade- prothese bezahlt, den Kauf des teureren Sportmodellsaberabgelehnt.Alsomusste sichderAlt-Bundestrainerdrumkümmern. SeppundEvaHerbergerhabentestamen- tarisch verfügt, dass ihr Vermögen für in NotgerateneFußballerverwendetwerden solle.VorfastzweiJahrenalsoübernahm dieDFB-StiftungSeppHerbergerkomplett die Kosten von 2.000 Euro. „Die haben ohne großen administrativen Aufwand bezahlt. Es war wie Weihnachten“, sagt die Seckenheimer Jugendleiterin Britta Stahl,diedamalsdasAngebotderStiftung entdeckthatte.SeitdemhältHannesauch die hohen Bälle. Für ihn ist die Sportpro- these ein Segen. Anfang Dezember 2014 stand er zum ersten Mal in der Saison für eine Halbzeit bei einem Punktspiel der C-Junioren-Kreisklasse im Tor. Hannes und seine Vorderleute unterlagen gegen Ketsch 1:2. Hannes kassierte ein Tor. Komplikationen während der Schwangerschaft Hannes hat einen Bruder. Hannes und Joscha sind eineiige Zwillinge. In der 14. Woche einer extrem komplizierten Schwangerschaft hörten Jörg Schmidt- Rohr und Claudia Morgenthaler den Befund:FetofetalesTransfusionssyndrom. Bei 85 bis 95 Prozent aller Zwillings- schwangerschaften bilden sich Verbin- dungenzwischendenArterien,eskommt zueinerwechselseitigenTransfusionvon Blut zwischen den Zwillingen. Äußerst seltenkommtesvor,dassderBlutaustausch in den Plazentagefäßen unausgewogen abläuft. Der Empfängerzwilling ist dann deutlich größer als der Spenderzwilling. Herzversagen führt häufig zum vorge- burtlichenTod.StirbteinZwilling,kommt es in 26 Prozent der Fälle zum Verbluten desüberlebendenZwillings.In25Prozent der Fälle kommt es zu einer schweren Gehirnschädigung.BeieinemDrittelaller Fälle stirbt der überlebende Zwilling im ersten Lebensjahr. Man muss das nicht addieren. Die Chancen für Hannes und Joscha standen schlecht. Von dem Tag an, als sie den FFTS-Befund bekamen, kämpften Jörg und Claudia um ihrewerdendenJungs.PerLaserbestrah- lung sollten die blutführenden Gefäße in der Plazenta verödet werden, um so die VersorgunginsGleichgewichtzubringen. JörgSchmidt-Rohrsagt:„Alsauchdieser Versuch gescheitert war, sagten uns die Ärzte in Frankfurt, die Kinder werden sterben.“ Jörg brachte Claudia nach Germersheim,ineinkleinesKrankenhaus, man kannte den Chefarzt. In der Uniklinik Heidelberg schließlich kamen Hannes und Joscha am 20. September 2001 als Frühchen zur Welt. Hannes wog 1.100 Gramm, Joscha 800 Gramm. Beiden musste ein künstlicher Darmausgang gelegt werden. Hannes wurde alleine in seinem ersten Lebensmonat fünfmal notoperiert. Trotzdem konnten die Ärzte eineunkontrollierteBlutungimgesamten Bauchbereichnichtstoppen.Irgendwann sagten die Ärzte, entweder es hört in den nächsten Stunden auf oder Hannes stirbt. Am nächsten Tag stoppte die Blutung. „Ich bin kein religiöser Mensch, ich konnte also nicht beten, aber so ein paar Sachen in der Art gab es schon in diesen Stunden“, sagt der Vater. „Fußball macht Spaß. Total.“ Hannes sagt, er habe keine Angst. Auch nicht, wenn er aus dem Tor rennt und mit seinem rechten Bein den Ball wegschlägt: „Macht nur dem Gegner was aus. In der SchulewollenauchallegegendieProthese treten, die finden das cool.“ Als er im Sommer von der D-Jugend in die C-Jugend wechselte, musste er sich auch in das große Erwachsenentor stellen. AusgelassenheitundSpaßwerdenlangsam durch Leistung und Erfolg abgelöst. Han- nes’ Papa sagt: „Die Sache ist endlich.“ Britta Stahl ärgert es, wenn sie das hört. „Den Hannes musst du zwingen, damit er mal nicht mitmacht. Wenn der Trainer ‚Liegestütze’fertigausgesprochenhat,ist der Hannes schon am Boden und pumpt“, sagt sie. „Hannes ist ein sehr lässiger Typ. Das passt schon.“ Hannes und Jakob, der andere Torwart, sind in einer Gruppe. Die Übung: Ausfall- schritte, immer umspringen, rechtes Bein vorne,linkesBeinvorne,zweiMinutenlang. Jakob kommt deutlich tiefer, Hannes kann mitseinemrechtenBeingarnichtabknicken. Aber er hört nie auf, albert nicht, ist total ernst und konzentriert. Würde Hannes in der 109. Minute einen Cut im Gesicht abbekommen, er würde sich ganz sicher anderSeitenlinietackernlassenunddann die Mannschaft zum WM-Titel führen. Hannes sagt, und da tut er sich nicht leicht: „Ja,esistblöd,wennandereKindererstmal nur auf meine Prothese starren. Aber ich kenne es ja nicht anders.“ Die Alternative hieße, nicht mehr sonntags in der C-Junio- ren-KreisklasseMannheimimSeckenheimer Torzustehen.Dasistaberausgeschlossen. Denn: „Fußball macht Spaß. Total.“

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