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SHS Jahresbericht 2014 - Allein im Mittelkreis: Otto Rehhagel besucht Jugendstrafanstalt Plötzensee

RESOZIALISIERUNG

22 Resozialisierung „AnstoßfüreinneuesLeben“nenntsichdie InitiativederDFB-StiftungSeppHerberger, dieinPartnerschaftmitderBundesagentur fürArbeit(BA),denDFB-Landesverbänden und den Justizbehörden um die Zukunft jungerStraftäterringt.DerenChancenauf einedrogen-undstraffreieZukunftgrotesk schlecht stehen. Die Rückfallquote junger delinquenter Männer türmt sich hoch wie dieGefängnismauern,hinterdenensiehier in Plötzensee ihre Tage verbringen. Ihre Zeitabsitzen.JederZweitekehrtzurück,in manchenStandortenklettertbeimanchen Delikten die Rückfallquote auf bis zu 80 Prozent.DerFußballwillhelfen.Diejungen Gefangenen trainieren, sie werden zum SchiedsrichteroderÜbungsleiterausgebil- det, einmal pro Jahr bestreiten sie ein von der Stiftung organisiertes Fußballturnier, OliverKahnoderRudiVöllerzuletztimMai 2014 in Wuppertal schauen zu, suchen die Gespräche mit den Jugendlichen. Die BA unterstützt die Jobsuche, der Anschluss an einen Fußballverein soll den Ausweg aus dem kriminellen Milieu erleichtern.NeunBundesländersindvonder Stiftungsideeüberzeugtundbeteiligensich am „Anstoß“. Tendenz steigend. Disziplin, Teamgeist, Bewegung, Aufmerksamkeit und Wertschätzung, neue Freunde in der Freiheit, unbedingt: ein Job – das alles soll resozialisierend zusammenwirken. „Wer oben ist, darf die unten nicht vergessen“ Seit 2009 betreibt Deutschlands älteste FußballstiftungdieInitiativeinderheutigen Form. Alt-Bundestrainer Sepp Herberger hatte 1970 damit begonnen, mit viel Herz, abernochohneKonzeptundNetzwerk(gab esdasWortdamalsüberhaupt?),angetrie- ben von seinem Credo „Wer oben ist, darf die unten nicht vergessen“, Haftanstalten zu besuchen. Nach Herbergers Tod 1977 übernahmseinKapitänFritzWalter,später Horst Eckel. Heute also Otto Rehhagel. Das inzwischen 76 Jahre alte „Kind der Bundesliga“ erlebte in Berlin schon einmal den Anstoß für ein neues Leben. Im Juni 1963 unterschrieb er bei Hertha BSC. Rehhagel erinnerte sich später: „Ich sehe mich noch heute mit meinem VW am Theodor-Heuss-Platz stehen, so hieß der damals, und die Straße hinunterschauen zur Siegessäule und dem Brandenburger Tor und höre mich zu mir selbst sagen: ‚Otto, jetzt geht’s los!’ Das war für mich der Startschuss zu neuen Dimensionen.“ Ein Startschuss zu neuen Dimensionen? Nein, der fällt an diesem Tag in der Jugendstrafanstalt Plötzensee nicht. Im besten Falle gelingt den 20 jungen Män- nern heute der erste oder zweite Schritt auf einem verdammt langen Weg zurück in die bürgerliche Mitte. „Uns allen, Ihnen, ist nur ein Leben gegeben“ Zweierreihe, die Vorderen gebückt, Mann- schaftsfoto vorm Weihnachtsbaum, er in derMitte.RehhagelkämpftumseineJungs, motiviert,mahnt.„Unsallen,Ihnen,istnur einLebengegeben.“EineSporthalleausden achtzigerJahren,kurzdanachzumletzten Mal getüncht, die Basketballkörbe aus der Schrempf-statt-Nowitzki-Zeit, hier haben sie sich getroffen. Legenden-Besuch und Weihnachtsfeier in einem. Auf dem Tisch ZimtsterneundroteServietten,bedrucktmit Rentieren.BeimdrittenVersuchfunktioniert derBeamer,diejungenInhaftiertenzeigen Bilder aus Rehhagels Karriere. Geboren 1938 in Essen, die Ausbildung als Maler, derersteJobinderZecheHelene,Vertrag Alleine im Otto Rehhagel besucht Otto Rehhagel ist aus Essen gekommen, in diese für seinen Lebensweg besondere Stadt. Berlin, Bremen, Kaiserslautern, Athen – das sind seine Städte gewesen. Jeder Fußballfan 40 plus kennt die Rehhagel-Geschichten, die großen Momente passend zu den Städten. Am 2. Dezember 2014 führt ihn ausnahmsweise nicht der Fußball in die Hauptstadt. Es ist das Schicksal von 20 jungen Männern, eingesperrt in der Jugend- strafanstalt Plötzensee, die mit 449 Inhaftierten eine der größten Verwahrungsan- stalten jugendlicher Straftäter Deutschlands ist. Eisflächen blitzen auf den Gehwegen. Der Anstoß für ein neues Leben – um nicht weniger geht es an diesem eiskalten Dezembertag. DFB-Redakteur Thomas Hackbarth war dabei.

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