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Tätigkeitsbericht 2013 - GESCHICHTE HINTER DEN GESCHICHTEN

Fußball- und Gesellschaftsgeschichte – Drei Beispiele aus dem Förderprogramm der Stiftung

30FUSSBALLGESCHICHTE GESCHICHTEHINTERDENGESCHICHTEN AUF DER SUCHE NACH DER VERLORENEN ZEIT Die Suche nach Spuren aus der Frühzeit des deutschen Fußballs um 1900 ist manchmal mühselig, aber auch lohnend. Einer, der diese historischen Exkursionen mit Leidenschaft betreibt, ist Sebastian Bona. „AußergewöhnlicheGeschichtenbedürfenaußergewöhn- licher Erinnerungen“, findet Bona, Gründer und Vorsit- zender der Leipziger „Initiative 1903“, die das Ziel ver- folgt, durch Gedenksteinlegungen an die erste Deutsche Meisterschaft im Jahr 1903 und ihre Teilnehmervereine zu erinnern. 2011 wurde der erste Gedenkstein in Ham- burg–Altona errichtet, genau dort, wo 1903 auf dem „Alten Exerzierplatz“ der VfB Leipzig den DFC Prag mit 7:2 besiegte und erster Deutscher Meister wurde. Nach und nach stellte sich heraus, dass auf der Suche nach den Ursprüngen des deutschen Fußballs auch viel über die Zeitumstände zu erfahren ist. Die Vorarbeiten und Recherchen zu den Fußballtraditionstagen in Karlsruhe und Leipzig konfrontierten die Fußballforscher nicht nur mit vergangenen Fußballhochburgen, sondern auch mit einem Kapitel der jüdischen Geschichte. Karlsruhe war einst das Zentrum des deutschen Fußballs. 1909 wurde der FC Phönix Karlsruhe Deutscher Meister. Um nur ein Jahr später von seinem Lokalrivalen, dem Karlsruher FV, abgelöst zu werden. Die feierliche Ent- hüllung des „Fußballpilgersteins“ fand auf dem soge- nannten „Engländerplatz“ statt, einem der Geburtsorte des deutschen Fußballs. Walther Bensemann, jüdischer Fußballpionier und Mitgründer des DFB, initiierte darauf eines der sieben „Ur-Länderspiele“ (Ländervergleiche vor der Gründung des DFB im Jahr 1900), das am 28. November 1899 gegen eine englische Auswahl mit 0:7 verloren ging. Nach diesem „englischen Spiel“ wurde der Platz im Volksmund als Engländerplatz bezeichnet. Zu den Jungen, die hier das Fußballspielen lernten, gehörten auch Julius Hirsch und Gottfried Fuchs, beide 1910 Deutscher Meister mit dem Karlsruher FV und die beiden einzigen jüdischen Spieler in der Geschichte der Nationalmannschaft. Über ihre Lebensgeschichten re- ferierte vor Ort Werner Skrentny, der ein Jahr zuvor mit Unterstützung der Stiftung eine Biografie über beide verfasst hatte. Auch bei ihren Recherchen in Leipzig stießen Bona & Co. auf jüdische Spuren – und entdeckten dabei einen historischen Fußballplatz wieder. Zunächst argwöhnisch beäugt von den Mitarbeitern der Leipziger Archive, gelang es ihnen nachweislich, die ehemalige Sportanlage des jüdischen Sportklubs Bar Kochba Leipzig im Stadtteil Eutritzsch zu finden. Verwildert zwar, doch eben noch da, mit zahlreichen Zeugnissen der Vergangenheit, darunter ein Davidstern samt Inschrift zu Ehren des früheren Vereinsvorsitzenden. Unter den wuchernden Sträuchern fand sich sogar noch ein altes Fußballtor vom letzten Nutzer des Feldes, der BSG Aktivist Nord Leipzig. Zuvor, bis ins Jahr 1939, war der Bar-Koch- ba-Sportplatz an der Delitzscher/ Dübener Landstraße, der 1922 mit einem Spiel gegen den FC Hakoah Zürich eingeweiht wurde, die sportliche Heimat der Frauen, Männer und Kinder des SK Bar Kochba Leipzig.

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