Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Tätigkeitsbericht 2012

Ausstellung „100 Jahre Otto Siffling“ – EASTERN ALLSTARS: Dream-Team zwischen Ostsee und Schwarzem Meer

34FUSSBALLGESCHICHTE fussballgeschichteneuerzählt Wilimowski ist Mitglied der soge- nannten EASTERN ALLSTARS, eines fiktiven „Dream-Teams“, das das Institut für angewandte Geschichte anlässlich der Europa- meisterschaft in Polen und der Ukraine zusammengestellt hat und das große Fußballer zwischen Ostsee und Schwarzem Meer vereinigt. Warum eine solche Mannschaft? „Die Europameisterschaft im Jahr 2012 wird mehr sein als alle bisherigen“, schreibt Karl Schlögel im Katalog: „Für einen Augenblick wird das östliche Europa, das sonst eher am Rande unserer Wahrnehmung liegt, zum Zentrum werden. Die polnisch-ukrainische Fußballge- schichte ist wie eine Miniaturgeschichte des 20. Jahr- hunderts. Ihre Aufstiegs- und Niedergangserzählung fällt zusammen mit den europäischen Friedens- und Kriegsperioden. Krieg, Gewalt, Terror haben auch den Sport, die denkbar unpolitischste Sache der Welt, nicht verschont.“ Die Spieler der EASTERN ALL- STARS „wurden deswegen, neben ihren sportlichen Verdiensten, in erster Linie wegen ihrer Lebensläufe ausgewählt, um mög- lichst viele Facetten und Ereignisse eines Fußballjahrhun- derts zu streifen. So stehen in der Auswahl der EASTERN ALLSTARS sowohl international bekannte Größen wie Oleg Blochin und Grzegorz Lato als auch tragische Helden wie Mikola Trusewytsch, der im „Todesspiel“ 1942 in Kiew gegen eine Auswahl der deutschen Besatzer im Tor des FC Start stand“, so Institutsmitarbeiter Stefan Felsberg. Das ist neu: FuSSballgeschichte als Karikatur Was die EASTERN ALLSTARS über die Zusammenstellung hinaus aber so einmalig macht, ist die grafische Herange- hensweise. Die Herausgeber entschlossen sich nämlich dazu, die Biografien nicht etwa wissenschaftlich-nüchtern, sondern in Form eines Kartensets zu präsentieren, das jeweils eine Karikatur des Protagonisten auf der Vorder- und seine Vita auf der Rückseite enthält. Begleitet wird das originelle Spielset von einem kompakten Begleitheft mit einem Streifzug durch ein Jahrhundert polnisch-ukraini- sche Fußballgeschichte. Inspiriert vom Erfolg des Kartensets wurde kurz vor Beginn der Europameisterschaft auch eine Ausstellung produziert, die unter anderem in Heidelberg und der Landesvertretung NRW in Berlin, in Charkiv (Ukraine) und Opole (Polen) sowie während des Festivals „KUL- TUR IM QUARTIER“ in Berlin gezeigt wurde. Eine gute Idee und ein schöner Erfolg. Vielleicht mit nachhaltiger Wirkung. Denn mit den EASTERN ALLSTARS gibt es nun ein neues Medium, mit dem auch in anderen Zusammenhängen Fußball- und Sozialgeschichte geschrieben werden kann, attraktiv für junge Leute und pädagogisch wertvoll. „Die polnisch-ukrainische Fußballgeschichte ist wie eine Miniaturgeschichte des 20. Jahrhunderts.“ Karl Schlögel Mit gerade einmal 16 Jahren schoss sich der Lemberger Student Włodzimierz Chomicki in die polnischen und ukrainischen Fußballge- schichtsbücher. An einem lauen Sommertag des Jahres 1894 wurde in Lemberg erstmals öffentlich ein Fußballspiel präsentiert. Teil- nehmer berichteten von einer chaotischen Be- gegnung. Weder Zuschauer noch Spieler kann- ten sich recht mit den Regeln aus. Die Spieler wussten nur eins: der Ball muss irgendwie zwi- schen den Fahnenstangen des Gegners unter- gebracht werden. Es ging wild hin und her beim Kampf um den Ball, doch nach sechs Minuten erzielte Chomicki – aus abseitsverdächtiger Po- sition – das 1:0 für die Gastgeber. Damit wird die Fußballvorführung beendet. Chomicki hat das erste Tor in der Geschichte der Stadt ge- schossen, doch welcher Fußballnation gehört nun dieses erste Tor? In Polen gilt das Spiel im Lemberger Stryjski-Park als der Beginn der pol- nischen Fußballgeschichte, denn es waren pol- nische Turnvereinigungen aus Krakau und Lem- berg, die dort erstmals gegeneinander Fußball gespielt haben. Zugleich steht aber auch in der Ukraine das Match für die Geburtsstunde des nationalen Fußballs, denn schließlich habe das Spiel auf „ethnisch ukrainischem Boden“ statt- gefunden. Chomicki jedenfalls wurde später Sportlehrer an einem Lemberger Gymnasium. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste er wie viele andere Polen Ostgalizien verlassen und zog ins ehemals deutsche Niederschlesien. At the age of only 16, Włodzimierz Chomicki, a student from Lviv, shot into the Polish and Uk- rainian football history books. On a warm sum- mer day in 1894, the first public football match took place in Lviv. Participants told of a chaotic encounter. Neither the spectators nor the players fully understood the rules. The players knew only one thing: the ball must somehow get between the opponent’s goal posts. The ball flew back and forth wildly, but after six minutes Chomicki ai- med – probably from offside – and scored for the home team. And that was the end of the match. Chomicki had scored the first goal in the histo- ry of the town. But to which footballing nation does this first goal belong? In Poland the match in Lviv’s Stryjski Park is considered the beginning of its footballing history, because the first games were between Polish gym associations from Kra- kow and Lviv. However, Ukraine also claims the match as the birth of its national football, be- cause the game took place on “ethnic Ukrainian soil”. Chomicki later became a sports teacher at a school in Lviv. After the Second World War he had to leave Eastern Galicia, like so many other Poles, and he moved to the formerly German area of Lower Silesia. Wlodzimierz Chomicki (1878 – 1953) 1 Wlodzimierz Chomicki

Pages