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Tätigkeitsbericht 2012

Ausstellung „100 Jahre Otto Siffling“ – EASTERN ALLSTARS: Dream-Team zwischen Ostsee und Schwarzem Meer

33FUSSBALLGESCHICHTE fussballgeschichteneuerzählt chem. Sogar der alte Reise- koffer Sifflings wurde gefun- den. Begonnen hatten die Recherchen sogar schon vor sieben Jahren. Ein lokaler Sport-Historiker vermachte dem „DoppelPass“ damals eine beeindruckende Samm- lung von Waldhof-Utensilien aus der Vorkriegszeit. „Eigentlich wollten wir nur eine Website machen, aber dann dachten wir, dass es doch viel zu schade ist. Dass so viel zusammenkommen würde, hätten wir nie gedacht“, erzählt Bernd Dietrich von der Initiative. So konnte die von der DFB-Kulturstiftung Theo Zwanzi- ger geförderte Ausstellung im Mannheimer Kultur-Zen- trum Alte Feuerwache dann schließlich vor rund 350 Besuchern eröffnet werden. Eine erstaunliche Zahl, denn die allermeisten unter ihnen hatten den wohl bes- ten Waldhof-Spieler aller Zeiten natürlich selber nicht mehr spielen sehen, der 1939 viel zu jung mit 27 Jahren an einer Rippenfellentzündung gestorben war. Dennoch, es gibt sie noch, die Zeit- zeugen. Zum Beispiel Ludwig Siff- ling, Cousin vom „Holz“, wie sie den Otto riefen, der beteuerte: „Eins ist sicher: Der Otto war kein Nazi.“ Ein Umstand, der den Ausstellungsma- chern des „DoppelPass“ natürlich wichtig war. Deshalb hatte sie neben der eigenen Recherche auch Wissen- schaftler mit an Bord, die sich mit der Vita des Ausnah- mestürmers im zeitgenössischen Kontext beschäftigten. Offene Renitenz gegenüber dem NS-Weltbild Der Historiker Dr. Rudolf Oswald aus München strich in seinem Vortrag heraus, dass es keinen staatlich insze- nierten Starkult um Siffling gab. Was diesem auch kaum recht gewesen wäre. Einmal, nach seiner Tor- orgie von 1937, schaffte er es auf die Titelseite des Völ- kischen Beobachters. Doch einen Starrummel habe es um ihn nicht gegeben. Sifflings angebliches Rebellen- tum gegenüber der NS-Obrigkeit, das in dem legendä- ren Satz zu Reichstrainer Sepp Herberger „Leck mich am Arsch mit deinem Hitler-Gruß“ gegipfelt haben soll, arbeitete Oswald an Beispielen heraus. „Eins ist sicher: Der Otto war kein Nazi.“ Ludwig Siffling Er habe sich in Posen ablichten lassen, die „Renitenz offen zur Schau gestellt haben“ und nicht ins NS-Welt- bild passten. Die Ausstellung zeigt ihn beim Lesen eines Buchs über Gangster-Größe Al Capone. Siffling habe „den Habitus der Jugend späterer Jahrzehnte vorweggenommen“ und sei in der Rückschau auch öfters mit James Dean verglichen worden. Den Satz gegenüber Herberger konnte auch Dr. Oswald nicht belegen, dafür zitierte er eine andere Begebenheit vor einem Länderspiel in München. Den zackig grüßen- den Kameraden soll er auf gut „Mannemerisch“ gesagt haben: „Passt uff, dass ihr de Lampe net abreisst!“ Oswald betonte aber auch deutlich, dass diese Form der Renitenz „nicht mit Widerstand zu verwechseln sei“. Die Mannheimer Fans haben gezeigt, dass es möglich ist, mit Geduld und Leidenschaft ein Stück unerschlossene Fußball- und Zeitgeschichte aus dem Dunkel der Vor- kriegsjahre zu heben und mit dem reich bebilderten Ausstellungskatalog wichtige Dokumente nicht nur für die Lokalhistorie zu erschließen. „Etwas Nachhaltiges, Langlebiges sollte es sein, etwas, was verrückte Waldhof-Freaks in 50 Jahren noch im Internet erstei- gern wollen“, schreiben sie im Vor- wort des Katalogs. Das ist ohne Zweifel gelungen. EASTERN ALLSTARS – Ein fiktives Dream-Team zwischen Ostsee und schwarzem Meer Ein Zeitgenosse von Otto Siffling steht im Zentrum eines Projekts des Instituts für angewandte Geschichte Frank- furt/Oder: Ernst Wilimowski. Der am 23. Juni 1916 im oberschlesischen Kattowitz geborene Stürmer gehört zu den besten Fußballern aller Zeiten und ist trotz der sagen- haften 1.175 Tore, die er im Laufe seiner Karriere geschos- sen haben soll, kaum bekannt. Das liegt unter anderem an seiner durch die Zeitläufe wechselhaften Lebensge- schichte, die dazu führte, dass er sowohl für die deutsche als auch die polnische Nationalmannschaft spielte. In bei- den Mannschaften sorgte er für Torrekorde: Bei der WM 1938 erzielte er für Polen vier Tore gegen Brasilien, um dann nach Beginn des Zweiten Weltkriegs mit Übernahme der deutschen Staatsbürgerschaft in acht Länderspielen 13 Tore für Deutschland zu schießen. Eine Torquote, die sogar Gerd Müller in den Schatten stellt.

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