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Tätigkeitsbericht 2012

Zbigniew Masternak, Albert Ostermaier und Serhij Zhadan im Interview

Darf man beim Literaten-Treff ganz profan über das Spiel von gestern Abend reden? Ostermaier: Problemlos. Eher im Gegenteil, es nervt doch schon, dass alle meinen, sie müssten sich jetzt über Fußball äußern, obwohl sie nun wirklich keinen blassen Schimmer haben. Fußball heute ist common sense. Das Gemeinschaftserlebnis ist aufgrund unserer Geschichte mit Problemen beladen, aber da hat die WM 2006 für eine positive Entspan- nung gesorgt. Herr Zhadan, in Deutschland er- schien Ihre Anthologie „Total Fuß- ball“. Was reizt Schriftsteller, über Fußball zu schreiben? Zhadan: Mir gefällt die Emotio- nalität des Spiels. Da gibt es Fair Play und Intrigen, Kameradschaft und Konkurrenz. Der Fußball bietet viel, viel bessere Unterhaltung als etwa das Theater und das Kino. 16FUSSBALL-KULTUR Interview Wie steht es um die Fußballbegeis- terung der Polen, Herr Masternak? Zbigniew Masternak: Na ja, wie jemand mal sagte: „Fußball ist die neue Religion.“ Noch vor zwanzig Jahren waren eher nur untere Be- völkerungsschichten fußballbegeis- tert. Heute fasziniert der Fußball alle Polen. Das sieht man übrigens auch daran, dass nicht nur wir Auto- ren Fußball spielen, heute gibt es auch eine polnische Schauspieler- und Politiker-Nationalmannschaft. Sie selbst können beides, schreiben und Fußball spielen. Ihr neuestes Buch trägt autobiografische Züge. Masternak: Das stimmt, es wurde gerade in Polen verfilmt. Der Roman geht um einen jungen Mann, der als Fußballer scheitert, aber als Mensch gewinnt. Ich hatte mit jungen Jah- ren eine schwere Knieverletzung. Mit 19 Jahren spielte ich in der 2. Liga, dann war Schluss. Ich habe immer gesagt, dass Fußballer anfan- gen sollten, zu schreiben. Schließ- lich haben sie jeden Tag ein paar freie Stunden. Lothar Matthäus hat mal ein Buch geschrieben. Masternak: Jürgen Klinsmann auch, Éric Cantona war Schauspieler und „Fußball ist eine große gemeinsame Erzählung“ Anlässlich der Drei-Länder-Tour „Im Osten geht die Sonne auf“ sprechen die Kapitäne der deutschen, polnischen und ukraini- schen Autoren-Nationalmannschaft, Albert Ostermaier, Zbigniew Masternak und Serhij Zhadan, mit DFB-Redakteur Thomas Hack- barth über FuSSball als Kommunikationswährung, die deutsche Nationalmannschaft und fragen sich, warum es keinen groSSen FuSSballroman gibt. hat Gedichte veröffentlicht. Mich interessieren diese Schnittstellen zwischen Sport und den Künsten. Dort werden Vorurteile sichtbar und dadurch im besten Fall über- wunden, etwa das Stereotyp vom einfältigen Fußballer. Auch ein durchtrainierter sportlicher Schrift- steller irritiert viele. Herr Ostermaier, erreicht der Fußball, im Gegensatz zu früher, heute alle? Albert Ostermaier: Der Fußball war immer schon eine große ge- meinsame Erzählung, eine Kommu- nikationswährung. Mit welchem an- deren Thema kann man denn heute sofort, über alle Klassen, sozialen Schichten und Bildungsniveaus hin- weg, ins Gespräch kommen? Diese Vorbehalte gegen den Fußball, dass er primitiv sei, gehören der Vergan- genheit an. Gerade durch die WM in Deutschland, aber auch durch die Arbeit der DFB-Kulturstiftung hat sich da einiges gedreht. Und heute? Ostermaier: Heute wird der Fuß- ball in Deutschland in den Stadien von Menschen aller Herkunft und Couleur gefeiert. Auch deshalb hat der Fußball eine ungeheure Wir- kungsmacht. „Fußball schafft Herzlich- keit und Unmittelbarkeit, daskannderKulturbetrieb nicht in der Art leisten.“ Albert Ostermaier Spielführer: Serhij Zhadan, Albert Ostermaier, Zbigniew

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