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SHS Jahresbericht 2015 - Das geplante Wunder: Sepp Herberger im Deutschen Fußballmuseum

Nationalmannschaft enttäuschend ver- laufenen Olympischen Spielen in Berlin, mit ihm in einen Machtkampf einzutreten. Kurz vor der Weltmeisterschaft 1938 in Frankreich übernahm der vorherige Assis- tent Herberger schließlich die alleinige Verantwortung. WährenddesKriegesdientenLänderspiele den Nationalsozialisten auch der propa- gandistischen Ablenkung. Sooft es ging, lud Herberger zu Vorbereitungslehrgän- gen ein, um auf diese Weise seine Spieler vorFronteinsätzenzubewahren.Gleichwohl war Herberger seit 1933 NSDAP-Mitglied. DieimEntnazifizierungsverfahrenfürihn zuständige Spruchkammer Weinheim stufteihnalsMitläufereinundkonstatierte 1947 in einem amtlichen Schreiben an Herberger: „Die Eingruppierung erfolgte in erster Linie durch die zahlreichen vorgelegten Erklärungen von Fußball- Nationalspielern sowie anderen Persön- lichkeiten, die darin Ihre antinazistische Einstellungbestätigen.“Herbergermusste 500 Mark Sühnegeld bezahlen. Mit dem ersten Länderspiel nach dem Krieg gegen die Schweiz begann die gezielte Entwicklung eines international konkurrenzfähigen Teams. Herbergers Analyse der Begegnung liest sich wie ein Manifest seiner Trainerphilosophie: „1:0! Ein Sieg der Mannschaft!!! Der Sieg einer Mannschaft, von der die Marschroute für das Spiel klar verstanden wurde, die nach einem einheitlichen Gedanken operierte, in Angriff und Abwehr stets und in allen Situationen eineMannschaft war.(…)Wir waren eine großartige Mannschaft!!!“ Um solche Gedanken festzuhalten, hatte HerbergerstetseineReiseschreibmaschine griffbereit. Der Herberger-Nachlass ent- hält insgesamt 361 Aktenordner mit Überlegungen zu Spielern, Training und Wettkampf. Mit großer Akribie kümmerte ersichumalleAspekte,diedasFußballspiel betreffen: von der konditionellen und strategischenSpielvorbereitungüberdie taktische Analyse der gegnerischen Mannschaften und die psychologische Betreuung seiner Auswahlspieler bis hin zu den Detailfragen der sportlichen Aus- rüstung, die er in regelmäßigen Korres- pondenzen mit adidas-Gründer Adolf Dassler, seinem Zeugwart, erörterte. Herberger verlangte viel von seinen Spielern. Toni Turek tadelte er in seinen Notizen mit den Worten: „Er muss sich mächtiganstrengen,damiterdabeibleibt.“ Herbergers Philosophie noch heute aktuell HerbergersGrundkonzeptwarsoentwaff- nend schlicht wie seine Weisheiten, die bis heute die Fußballsprachen beleben. Uwe Seeler, Ehrenspielführer der deutschen NationalmannschaftunddurchHerberger bereitsals17-JährigerzuLänderspielehren gekommen,erinnertsich:„Herbergersagte immer zu uns: ‚Männer, wenn ihr das ein- fache Spiel beherrscht, dann seid ihr Weltklasse. Aber das ist sehr schwer.“ Die Besucher des Deutschen Fußball­ museums können bei einem Zitate-Quiz ihrWissenüberdieHerberger-Weisheiten testen. Viele junge Gäste verharren an dieser interaktiven Station und können sich davon überzeugen, dass so mancher Spruch von seiner Aktualität nichts einge- büßt hat. Auch Uwe Seeler ist sich sicher: „Wenn man sich Herbergers Philosophie zu Herzen nimmt, dann spielt man auch heute einen erfolgreichen Fußball.“ Damals auf jeden Fall. 1953, ein Jahr vor derWeltmeisterschaft,notierteHerberger während eines Lehrgangs in Malente sein klares Ziel: „Eine Mannschaft von interna- tionaler Extraklasse“ zu formen. Das ist ihm einwandfrei gelungen. Auch mit Toni Turek, bei dem er nach dem Schweiz- Länderspiel 1950 über seine ohnehin schon scharfe Kritik hinaus zu der für einenTorwartfatalenEinschätzunggelangt war: „Er kann sich nicht mehr werfen.“ Im Finale von Bern ist Turek geflogen wie ein Teufelskerl. Auch hier hat Herberger wohl tatsächlich ein Wunder vollbracht. Herberger im

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