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SHS Jahresbericht 2015 - "Beim ersten JVA-Besuch war ich nervös" – im Gespräch mit Jens Nowotny

RESOZIALISIERUNG

Jens Nowotny hat viel erlebt im Fußball. Und doch gab es Momente, nach seiner aktiven Karriere, bei denen er – obwohl es um Fußball ging – ein „leichtes Kribbeln im Magen“ hatte. Mehrfach hat der ehemalige Nationalspieler bereits im Rahmen der Resozialisierungsinitiative „AnstoßfüreinneuesLeben“jugendliche Strafgefangene in Vollzugsanstalten be­ sucht. Und er wird dies auch in Zukunft tun: Seit Anfang November 2015 ist der ehemalige Bundesliga-Profi des Karlsruher SC und von Bayer Leverkusen (336 Bundesliga-Spiele) Botschafter und Kuratoriumsmitglied der DFB-Stiftung Sepp Herberger. Tom Neumann hat mit ihm gesprochen. Herr Nowotny, Sie waren drei Jahre alt, als Sepp Herberger im April 1977 verstarb. Können Sie sich noch daran erinnern, wann Sie das erste Mal bewusst den Namen Sepp Herberger gehört haben? Das erste Mal bewusst wahrgenom- men habe ich den Namen bei den Sepp-Herberger-Tagen. Die gab es ja damals schon. Ich muss so zwölf oder 13Jahrealtgewesensein.Wirbekamen verschiedene Aufgaben gestellt rund um Fußball, wie den Ball jonglieren, schießen oder dribbeln. Am Ende gab es Urkunden und Medaillen. Winfried Schäfer, Christoph Daum, RudiVöller,BertiVogts–umnureinige Ihrer Trainer zu nennen. Wer hat Sie als Sportler am meisten geprägt? Als Trainier am meisten geprägt hat mich mit Sicherheit Christoph Daum damals bei Bayer Leverkusen. Er war ein Trainer, der jeden einzelnen Spieler besser gemacht hat. Er hat nicht nur die Mannschaft nach vorne gebracht und weiterentwickelt, sondern wirk- lich auch uns Spieler. Das war sehr beeindruckend. Mit dem Wissen, das Sie heute haben: Hätten Sie gerne mal unter Sepp Herberger gespielt? Ich glaube, man kann sich nicht vor- stellen, wie es wohl damals gewesen wäre. Man blickt eher in die Zukunft oder die Gegenwart als zurück. Die Trainingsmethoden, das Material, die Medizin – all diese Dinge haben sich rasantweiterentwickelt.Manschauteher, wo man sich aktuell einordnen könnte, anstatt zurück in die Vergangenheit. Seit November 2015 sind Sie Bot- schafter und Kuratoriumsmitglied der DFB-Stiftung Sepp Herberger. Wie kam es zu diesem Engagement? DerKontaktentstandletztendlichüber Tobias Wrzesinski. Wir hatten einige gemeinsameTermineinderJVAHeinsberg und der JVA Siegburg im Rahmen der Initiative„AnstoßfüreinneuesLeben“. DieKorrespondenzwarimmersehrnett. Als ich dann gefragt wurde, ob ich mir eine Tätigkeit als Botschafter und ein Mitwirken im Kuratorium vorstellen könnte, habe ich mich intensiv mit der Stiftung beschäftigt. In den Projekten derSepp-Herberger-Stiftung,vorallem mit Kindern und Jugendlichen, finde ichmichbesondersgutwieder.Deshalb habe ich zugesagt. Mit welchen Erwartungen sind Sie bei Ihrem ersten Besuch hinter Gittern in die JVA Heinsberg gefahren? BeimerstenBesuchhinterGitternhatte ich ein leichtes Kribbeln im Magen und war nervös. Schließlich sitzt man dort Straftätern gegenüber. Man lernt den AblaufhinterGefängnismauernkennen, kann sich kaum vorstellen, 23 Stunden amTagauffünfQuadratmeternzuleben. DasistschoneineHausnummer.Wobei ich mir die größten Gedanken bei der Verabschiedunggemachthabe.Norma- lerweise sagt man „Auf Wiedersehen“. Aber was sagt man dort? Ich habe den Inhaftiertengewünscht,dasssiealledie Kurve kriegen und ich sie nicht mehr dort treffe, weil sie entweder noch da sind oder schon wieder da sind. Was können Sie bei Ihren Besuchen den jungen Menschen mit auf den Weg geben? Das ist schwierig. Ich habe bei meinem letzten Besuch den jungen Strafgefan- genen gesagt, dass es – egal in welcher Lebenslage – nur geht, wenn man zielstrebig seine Aufgaben angeht und dabei Disziplin zeigt. Ansonsten wird manirgendwoaufseinemWegzumZiel liegen bleiben. Ich hoffe, dass der Fuß- ball diese jungen Menschen wieder an ein gutes soziales Umfeld heranführen kann für ihre zweite Chance. Seit dem letzten Besuch Nowotnys im Frühjahr2014wurdenmehralseinDutzend Projekt-Teilnehmer aus der Haftanstalt entlassen. Bisher kam keiner von ihnen zurück nach Heinsberg. „Wir sind froh, wenn wir die Jugendlichen nur zu den regelmäßigen Nachsorge-Gesprächen wiedersehen“, betont Klein. Dann bleibt die Hoffnung, dass der Anstoß für eine straffreie Zukunft geglückt ist. „Entscheidend ist der Wille, etwas zu erreichen“, sagt Nowotny bei der Verab- schiedung. Eine Wahrheit, die nicht nur auf dem Fußballplatz gilt. JENS NOWOTNY: „Beim ersten Besuch hinter Gittern war ich nervös“

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