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EBS Jahresbericht 2011

Als Egidius Braun 1992 zum achten Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes gewählt wurde, war Nachhaltigkeit ein für einen Sportverband gänzlich ungebräuchlicher Begriff. Heute ist er in aller Munde.

8 und sich für die Integration der Landes- verbände in den neuen Bundesländern ein- setzte, damit auch im Fußball zusammen- wächst, was zusammengehört. Doch die erste Reihe hat Egidius Braun nie gesucht. Vielmehr ist sie auf ihn zuge- kommen – aus einem traurigen Grund: Als Hermann Neuberger 1992 einem Krebs- leiden erlag, wurde Braun, bislang verant- wortlich für die Finanzen, sein Nachfolger. Dabei versuchte er nie, seine Vorgänger zu kopieren. Er hatte seine eigenen Vor- stellungen, wie man solche Ämter ausfüllen und einen traditionellen Verband wie den DFB führen muss: Er war hart in der Sache, gradlinig, mitunter auch ungeduldig und schonungslos sich selbst gegenüber. Sein altgriechischer Vorname Egidius bedeutet so viel wie „Schildhalter“, der er als DFB- Präsident immer war, denn er fühlte sich an das gebunden, was darauf an Lebens- aufgaben stand: Kampf für die Gleichbe- rechtigung zwischen Profi- und Amateur- sport, Stärkung der Vereine als Keimzellen des Fußballs, bürgerschaftliches Engage- ment, Verlässlichkeit und ehrliche Kom- munikation. Bereits 1973 sagte er auf einer Verbands- tagung: „Wir müssen der Öffentlichkeits- arbeit weit mehr Bedeutung beimessen als bisher.“ Ehrliche Berichterstattung sei eine der wichtigsten Aufgaben überhaupt. Egidius Braun hat für das Thema „Nach- haltigkeit“ als Pionier prozesshafte Über- setzungsarbeit geleistet. Zentrale Grund- regeln der Nachhaltigkeitskommunikation heißen deshalb noch heute: Verstehbarkeit, Gestaltbarkeit und Sinnhaftigkeit. Mit einer verstärkten Medienarbeit wollte er unter anderem erreichen, dass nicht nur das An- sehen des Verbandes in der Öffentlichkeit verbessert und den Leistungen entspre- chend dargestellt wird, sondern dass vor allem die Werte, die der Fußball vermittelt, in sämtlichen Medien eine nachhaltige und positive Resonanz finden. Das englische Wort für „Wert“ („value“) kommt vom latei- nischen Wort „valere“, das stark sein und gesund sein bedeutet. Werte geben also Stabilität. In den Anfangszeiten des bun- desdeutschen Fußballs bewegten sich noch viele Amateure auf dem Spielfeld, denen es um die Freude am Fußball ging. Inzwi- schen haben sich Profifußballer zu Privat- unternehmern mit Managern und Beratern entwickelt. Gegen das Profitstreben Schon in den siebziger Jahren sprach sich der Finanz- und Steuerfachmann Egidius Braun gegen eine Überbezahlung der Pro- fis aus. Er sah darin die Gefahr eines Image- verlusts für den gesamten Fußball, „der vom großen Heer der Amateurvereine getragen wird“. Und er las all denen die Leviten, die glaubten, aus Steuergeldern Profigehälter bezahlen zu können. Er trat zwar für den Berufsfußball ein, allerdings war er der Meinung, dass Profifußballer nur in dem Maße bezahlt werden, „wie sie durch ihre Leistungen in der Lage sind, Zuschauer anzuziehen und damit die Kas- sen zu füllen“. Gewinnen oder verlieren, kann und darf „es“ nicht sein, war sein Credo. Seit seiner Mitarbeit in den höchsten nationalen und internationalen Gremien bemühte sich Egidius Braun verstärkt darum, das hemmungslose Profitstreben in angemessenen Grenzen zu halten. Auch warnte er davor, Fußball mit einem Duka- tenesel zu verwechseln und ihn zu einer Unterhaltungsware, einem Event, verkom- men zu lassen: „Wenn der Fußball nur noch eine Abteilung der Unterhaltungsbranche sein sollte, dann wäre es nicht mehr meine Welt“, betonte er. Dabei lehnte er Kom- merzialisierung keineswegs ab, sondern plädierte für Augenmaß. Das bedeutet auch, auf kurzfristige Vorteile zu verzichten und Wirtschaften als langfristiges Schaffen von Werten zu betrachten. Unmittelbar vor den Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen des Deutschen Fuß- ball-Bundes in Leipzig warnte Braun in einem Interview der Frankfurter Allgemei- nen Zeitung vor einem überbordenden Turbokapitalismus im Fußball: „Ich weiß nicht, ob mein Nachfolger noch die Mög- lichkeit hat, sich gegen den möglicherweise drohenden Manchester-Kapitalismus zu wehren. Manchester-Kapitalismus heißt, Geld einzusetzen, wo das Geld verspricht, Profit zu bringen.“ Fußball darf nicht von Geschäftemachern missbraucht werden – es ist kein Millionenspiel, sondern ein Spiel von Millionen Menschen, die das eigentli- che Kapital sind. Egidius Braun ging es immer (auch) um Lebenssinn, den Geld allein nicht stiften kann. Doch ohne Geld ist vieles Sinnvolle und Nachhaltige auch nicht möglich. Es kommt auf die Balance und das „Wie“ an: So konnten für die Mexico-Hilfe, die 1986 während der Weltmeisterschaft in Mexiko von ihm initiiert und seitdem von Fußball- Persönlichkeiten wie Franz Beckenbauer, Rudi Völler, Karl-Heinz Rummenigge oder Jürgen Klinsmann unterstützt wurde, sie- benstellige Beträge gesammelt und dem guten Zweck vor Ort zugeführt werden. Dabei handelte es sich hier um keine Ein- bahnstraße: „Es ist ein gegenseitiges Ge- ben und Nehmen, ein Beweis dafür, dass wir gemeinsam handeln müssen, um in der Zukunft zu bestehen. Das Konzept des Nationalstaats, der sich hinter einer Mauer verstecken kann, gehört der Vergangenheit an. Es geht nicht mehr an, dass jemand sagt: ‚Ich lebe ganz gut, sollen die anderen

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